Pinguine und Slums

An der Ostküste der Kaphalbinsel fahren wir bis Boulders. Die berühmte Pinguinkolonie wollen wir besuchen. Gut organisiert sind die Tiere von den Menschen abgeschottet. Erst ein Eingangsportal mit Kasse, dann betreten wir einen massiven Holzsteg, der durch das Areal der Kolonie führt . Etwas enttäuscht sehen wir einzelne dieser Tiere.

Seidig glänzen sie, wenn sie aus dem Schatten heraustreten. Sichtlich possieren sie vor der Kamera. So oft habe ich das schon gesehen, dass Tiere gerne vor einer Fotolinse stehen bleiben und sich von der besten Seite zeigen. Wird man je erfahren, was ein solches Tier denkt? Ich wäre sehr neugierig auf eine Antwort.

Nachdem wir über eine Brücke gehen sehen wir die Größe der Population. Jungtiere, ganz wuschelige, stehen zwischen den erwachsenen Pinguinen. Das sieht gut aus! Und wenn uns die steife Brise von der See nicht so viel Sand in die Augen wehen würde, würden wir gerne länger bleiben. So machen wir uns auf, unser nächstes Ziel anzufahren.

In Simons Town haben wir Pech, die Edelsteinfirma, die wir aufsuchen wollten macht eben zu. 17 Uhr ist Torschluss und es ist 17:02 Uhr. Kleine Halbedelsteine, ungeschliffene Reste sammeln wir auf dem Parkplatz ein, damit ich meinen Enkeln wenigstens etwas mitbringen kann. Denn wenn ich meinen Resturlaub nachrechne, sieht es nicht so aus, als könnte ich nochmals hierher kommen. Es ist Zeit den Heimweg anzutreten, es sind zwar nur gute 100 km zu bewältigen, aber der Weg geht quer durch Kapstadt. Erst bis Muizenberg, ich könnte mich an den Ortsnamen immer totlachen, dann an der Küste der False Bay entlang. Ein prächtiges Bild eines heranrauschenden Ozean begleitet uns auf der rechten Seite. Ich klebe an dieser Aussicht und verpasse damit die Abfahrt nach links. Elisabeth meint: “Passe auf, dass wir nicht zu weit fahren, sonst geht es nur noch durch die Town Ships. Da dürfen wir niemals durchfahren, das ist viel zu gefährlich!” Eine linke Abfahrt, die mit ihrer breiten Straße recht einladend aussieht nehme ich. Prompt habe ich den Weg in die Slums erwischt. Als nur noch sehr dunkelhäutige Menschen und Wellblechhütten rechts und links zu sehen sind, bekommt Elisabeth voll eine Krise: “Lieber Himmel, wir sind in Khayelitsha! Fahr bloß zu, halt bloß nicht an, biege ja nicht ab!” Wohl ist mir nicht in meiner Haut, überraschte und begehrliche Blicke fallen ins Auto, aber schnell fahren kann ich nicht, es sind viel zu viele Menschen auf der Straße, darunter viele Kinder. Ich mag es mir nicht vorstellen, hier jemanden anzufahren.

Krampfhaft halte ich Ausschau nach einer Auffahrt auf eine der großen Straßen, die Kapstadt durchziehen. Aber von hier gibt es keine Auffahrten, also weiter geradeaus. Elisabeth umklammert den Griff der Autotür, dass die Knöchel weiß vervortreten. Pure Angst ist das. Ich weiß nicht wie lange es dauert 15 bis 20 Minuten? Für uns eine Ewigkeit. Endlich eine vielbefahrene Querstraße. Auf die biege ich natürlich in die falsche Richtung ein. Fast bis zum Tafelberg fahre ich, dann quert endlich die N1. Im abendlichen Dämmerlicht fahren wir aus Kapstadt heraus, Richtung Paarl. Langsam beruhigen wir uns.

Das schönste Haus von Khayelitsha.

Nach dem Abenessen, spülen wir unser Trauma mit Bier und Wein hinunter. Nach zwei Weizenbier bin ich wieder großspurig: “Siehste Elisabeth, mit mir kommst du in Südafrka auch an Orte, wo du noch nie warst.” Ein strafender Blick trifft mich, doch ich sehe ein feines Grinsen in Elisabeths Mundwinkel. “Egal, Hauptsache, wir sind daheim.”  

 Am nächsten Tag entspanne ich mich im Brezelwald. Pilze können nicht gewachsen sein, aber der Seele tut es gut.

Wie lange mag dieser Stein hier liegen, der von einer Kiefer vereinnahmt wird? Riesige Pilzsporenlager, welche Pilze waren das? Steine mit seltsamen Löchern. Mache sehen frisch ausgebrochen aus, mache sehr alt und älter. Viele Fragen, keine Antwort. Und keine Ahnung, wen man da fragen könnte.

Ein Ausflug in die Weinberge unterhalb von Elisabeths Alm, bringt mich auf einen Weg, der eher wie ein Bachlauf aussieht. Bald bekomme ich Angst das Auto zu ruinieren. Hier müsste die Bretterwand sein, wo sich Fuchs und Hase gute Nacht sagen.

Von wegen Bretterwand, eine strahlend weiße Mauer umsäumt eine strahlend weiße Villa! Ich bin baff.

Gerne würde ich mir die Gegend noch genauer anschauen, aber die Wege sind unglaublich schlecht. Also sehe ich sehr schöne Häuser nur von Weitem. Kleine Seen, sicher künstlich angelegt und eher als Löschwasserteiche  gedacht, als zum Baden eingerichtet, entdecke ich überall zwischen den Weinbergen. Nicht nur Wein gibt es hier, auch große Olivenwälder, ganze Zitronenhaine stehen hier und überall lange Rosenstreifen. Warum es hier so sehr viele Rosen gibt, hat mir Anett erzählt. Die Rosen sind ein Abwehrmittel gegen die Reblaus. Rebläuse mögen keinen Rosenduft! Seltsam in Deutschland habe ich das noch nie gesehen, oder habe ich dort nicht richtig hingeschaut?